Wer bauen will, benötigt eine Baugenehmigung. Vor allem das ist gemeint, wenn man vom öffentlichen Baurecht im Gegensatz zum privaten Baurecht spricht.
Grundsätzlich herrscht Baufreiheit. In der Praxis ist aber die Ausnahme die Regel: Sehr viele Vorschriften schränken die Freiheit des Bauherren ein.
Was wo gebaut werden darf, bestimmt sich zum einen nach dem Baugesetzbuch, zum anderen aber aus den Landesbauordnungen der Bundesländer. Hier kocht jedes Land und jedes Städtchen sein eigenes Süppchen, so dass Sie für Bauvorhaben im Hochtaunuskreis und im Stadtgebiet von Frankfurt am Main auf jeden Fall einen Rechtsanwalt benötigen, der auf das Hessische Baurecht spezialisiert ist und vor Ort über langjährige Erfahrung im Umgang mit Behörden und Gerichten verfügt.
Grundlage der Baufreiheit ist übrigens unsere Verfassung, das Grundgesetz. Die dort verbriefte Eigentumsgarantie hat im Baurecht eine ganz große Bedeutung. Sie bestimmt nämlich den Bestandsschutz, den die Vorschriften des Baurechts gewähren müssen.
Passiver Bestandsschutz meint dabei, dass man ein bestehendes Bauwerk erhalten und weiter benutzen darf und nicht einfach abreißen muss, weil es der Baubehörde oder einem Nachbarn nicht gefällt.
Aktiver Bestandsschutz meint mehr: Man darf auch Instandsetzung und Modernisierung betreiben, wo dies etwa bei einem Altbau erforderlich ist.
Außerdem gibt es sogar einen überwirkenden Bestandsschutz. Es ist zulässig, weitere bauliche Anlagen hinzuzufügen, wenn die bestehenden Anlagen sonst ihren Sinn verlieren würden. Das ist für Gewerbebetriebe und landwirtschaftliche Betriebe sehr wichtig.
Ebenfalls direkt aus der Verfassung (Eigentumsgarantie) ergibt sich der Anspruch auf eine Entschädigung, wenn man enteignet wird, etwa deshalb, weil der Frankfurter Flughafen genau dort erweitert werden soll, wo man selbst Bauerwartungsland hat, das man ganz anders verwenden wollte.
Das Baugenehmigungsrecht beginnt bei ganz abstrakten Vorschriften des Bundes und der Länder und setzt sich zu ganz konkreten örtlichen Bausatzungen nach unten fort.
Das dafür maßgebliche Bauplanungsrecht kann selbst dort eingreifen, wo es noch gar keine Regelung gibt, denn für Gebiete kann eine Veränderungssperre erlassen werden, die eine künftige Planung vorwegnimmt. Andere Mittel, um Bauwillige auszubremsen, sind Zurückstellung von Baugesuchen und gemeindliche Vorkaufsrechte.
So gibt es sogenannte Bauleitpläne, welche die Raumplanung bestimmen. Dabei geht es um sehr abstrakte Fragen, die mit dem einzelnen Bauherrn zunächst wenig zu tun haben, z.B. die Planung von Infrastrukturen wie Autobahnen und Bahntrassen. Wenn dann aber eigene Grundstücke betroffen sind, werden die abstrakten Fragen möglicherweise sehr konkret, und man braucht rechtliche Hilfe.
Unterhalb der Raumplanung von Bund und Ländern haben die Gemeinden die sogenannte Planungshoheit, d.h. jede Kommune kann sich aussuchen, wie sie aussehen will, und die Menschen, die dort bauen wollen, dazu zwingen, dieses Bild zu beachten.
Dieser Mehrstufigkeit der Planung entspricht eine für den juristischen Laien furchtbar unübersichtliche Mehrstufigkeit der zu beachtenden Vorschriften:
Da gibt es das Baugesetzbuch und die Baunutzungsverordnung der Bundesrepublik Deutschland, die Landesbauordnungen der 16 Bundesländer, und schließlich Bausatzungen der Städte und Gemeinden.
Und weil das alles noch nicht genug ist, sind viele Fachgesetze zu beachten, z.B. beim Bau von Anlagen, die Immissionen hervorbringen oder andere Umweltbelastungen erzeugen können, z.B. bei Windrädern, Solarparks, Flughäfen oder Abfalldeponien.
Unterhalb des Raumordnungsplanes für ein großes Gebiet ist dabei der von der jeweiligen Stadt oder Gemeinde aufgestellte Flächennutzungsplan zu beachten, der dann von dem für jedes Teilgebiet aufgestellten Bebauungsplan ausgefüllt wird.
Juristen sprechen hinsichtlich Flächennutzungsplan und Bebauungsplan von einer sogenannten Zweistufigkeit der Bauleitplanung. Ein sorgfältiger Rechtsanwalt wird also immer beide Stufen prüfen, wenn er etwas erlaubt oder verboten bekommen will.
Bereits im Flächennutzungsplan stehen die Bauflächen (wo darf gebaut werden?), die Baugebiete (was darf wo gebaut werden?) und die örtliche Infrastruktur (was muss wo hin, damit alles funktioniert?).
Außerdem muss eine Begründung enthalten sein. Das ist sehr wichtig, denn wenn man argumentieren will, dass die Gemeinde beim Bebauungsplan Fehler gemacht hat, dann kann man ihr diese Begründung vorhalten.
Der Bebauungsplan enthält dann schon sehr konkrete Festsetzungen, an die sich ein Bauherr halten muss.
Dazu zählt erstens die Art der baulichen Nutzung. Wo liegen die Baugebiete? Welche Regelbebauung ist vorgesehen, und welche Ausnahmebebauung kommt in Betracht? Welche Nebenanlagen dürfen errichtet werden?
Zweitens gehört dazu das Maß der baulichen Nutzung. Welche Grundfläche ist auf Grundstücken einer bestimmten Größe zulässig? Welche Geschossfläche? Welche Baumasse darf errichtet werden?
Und drittens wird die überbaubare Grundstücksfläche geregelt. Welche Baulinien sind einzuhalten? Welche Baugrenzen zu beachten? Welche Bebauungstiefen sind maßgeblich?
Bebauungspläne, die solche Fragen regeln, nennt man auch Bausatzungen oder baurechtliche Satzungen. Die Gemeinde erlässt ihre Rechtsvorschriften nämlich als sogenannte Satzung, unabhängig davon, ob die Hundesteuer oder die Bebauung für ein bestimmtes Baugebiet geregelt wird.
Bauleitpläne können rechtmäßig oder rechtswidrig sein. Das ist sehr wichtig, wenn man mit einem Flächennutzungsplan oder Bebauungsplan selbst nicht einverstanden ist, weil man selbst anders bauen will oder nicht will, dass ein Nachbar so bauen darf, wie es im Plan steht.
Man prüft daher von anwaltlicher Seite Zuständigkeit, Verfahren und Form der Pläne (formelle Rechtmäßigkeit) und den Inhalt (materielle Rechtmäßigkeit), wenn man einen Plan nicht gut findet und kippen will.
Wichtige Überlegungen betreffen dabei folgende Punkte:
Ist ein ordnungsgemäßer Aufstellungsbeschluss für den Plan vorhanden? Sind alle bedeutsamen Belange ermittelt worden? Sind eine Umweltprüfung und ein Umweltbericht erforderlich und produziert worden? Wurden alle Behörden beteiligt, die ein Wörtchen mitzureden haben? Was ist mit anderen Beteiligten, z.B. angrenzenden Gemeinden oder Naturschutzverbänden, wurden sie gehört, wenn sie gehört werden mussten? Hat eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung stattgefunden? Waren insbesondere die Bekanntmachung und die Auslegung korrekt? Ist der Satzungsbeschluss korrekt? (Dazu muss der prüfende Rechtsanwalt auch Kommunalrecht beherrschen, denn nur dann weiß er, was Stadt-/Gemeinderat und (Ober-)Bürgermeister wie beschließen mussten und durften, und was nicht.) Ein Klassiker sind dabei Mitwirkungsverbote von Beteiligten, die Beschlüsse fassen, die ihre Taschen füllen. Es bestehen auch Genehmigungsverfahren und Anzeigeverfahren, weil die (nächst)höhere Verwaltungsbehörde prüfen soll, ob die Gemeinde ordentlich geplant hat. Sodann ist auch zu prüfen, ob die Ausfertigung und die öffentliche Bekanntmachung in der richtigen Weise erfolgt sind.
Bei Änderungen und Ergänzungen und Aufhebungen der Planung stellen sich übrigens die gleichen Fragen wie beim Erlass: Überall kann man, wenn man nicht einverstanden ist, hinterfragen, ob eine Planung auch ordnungsgemäß zustande gekommen ist oder nicht.
Bei der Prüfung des Inhalts von Plänen gibt es einige Grundsätze, welche die Planer zu beachten haben. Man spricht hier von Planungsleitlinien, von Optimierungsgeboten, von Planungsleitsätzen und vom Abwägungsgebot, d.h. dem Gebot, alle beteiligten Interessen zu einem gerechten Ausgleich zu bringen.
Bestehen Mängel der Planung, und stellen diese eine Rechtsverletzung für Betroffene dar, so können diese sich gegen die Planung und ihre Folgen wehren.
Das betrifft vor allem auch Abwägungsmängel, etwa dann, wenn man übersehen hat, wer durch einen Plan wie besonders (negativ) betroffen ist.
Gegen einen Bebauungsplan kann eine Normenkontrolle vor dem Verwaltungsgericht durchgeführt werden.
Außerdem kann man in jedem Baugenehmigungsverfahren vor das Verwaltungsgericht ziehen und mit einer Einzelfallklage (auch) prüfen lassen, ob der Plan in Ordnung ist. Juristen nennen das eine Inzidentprüfung.
Übrigens können nicht nur Grundstückseigentümer hier Rechte geltend machen, auch Mieter und Pächter können sich als Betroffene wehren.
Außerdem ist hier – wie in praktisch allen Rechtsbereichen – auch vorläufiger Rechtsschutz möglich, wenn unmittelbare Nachteile drohen.
Wer bauen will, muss sich an alle – rechtmäßigen – Pläne (siehe vorstehend) halten.
Dabei ist nicht erforderlich, dass man einen Hausbau plant. Vielmehr ist jede bauliche Anlage am Maßstab der Pläne zu messen, und das kann auch ein Zaun oder ein befestigter Parkplatz sein.
Und nicht nur, wer bauen will, muss sich einer Prüfung seines Vorhabens unterziehen: Das gilt für die Errichtung, für eine bauliche Änderung und für eine bloße Nutzungsänderung, etwa dann, wenn man ein Altenheim genehmigt bekommen hat und jetzt ein Kinderheim oder Flüchtlingsheim in das Gebäude ziehen soll.
Das Gemeindegebiet ist dabei in drei Arten von Gebieten eingeteilt, für die unterschiedliche rechtliche Maßstäbe beim Bauen gelten: Der Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der faktische Bebauungsbereich (ohne Bebauungsplan) und der Außenbereich, in dem das Bauen nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig ist.
Ist ein Bebauungsplan vorhanden, und ist er rechtmäßig (zu den Kriterien oben!), dann darf das Bauvorhaben nicht in Widerspruch zu den Festsetzungen des Plans stehen.
Die Art der baulichen Nutzung muss den Festsetzungen entsprechen. Grundsätzlich unterscheidet man dabei Kleinsiedlungsgebiete, reine Wohngebiete, allgemeine Wohngebiete, besondere Wohngebiete, Dorfgebiete, Mischgebiete, Kerngebiete, Gewerbegebiete, Industriegebiete und Sondergebiete.
Diese Typen von Gebieten entsprechen der Baunutzungsverordnung, die abstrakt festlegt, was man in welchem Gebiet (grundsätzlich) darf oder nicht darf. Abweichungen im Einzelfall sind aber möglich. Durch Abweichungen darf die sogenannte Eigenart des Baugebietes nicht gestört oder zerstört werden. Es leuchtet jedem ein, dass man eine Fabrik mit Schornstein nicht in ein Wohngebiet setzen kann, und einen Betrieb für Schweinemast nicht in ein Kerngebiet. Es gibt aber auch Fälle, sie bedeutende Expertise und langjährige Erfahrung voraussetzen, weil sie weit weniger eindeutig sind.
Ausnahmen und Befreiungen von Festsetzungen der Planung sind als Ausdruck der Einzelfallgerechtigkeit möglich, und hier ist eine wesentliche Qualität anwaltlicher Tätigkeit gefragt: Argumentation und Rhetorik. Warum etwas im Einzelfall erlaubt oder verboten sein soll, ist – auch – eine Frage der Darstellung, der Überzeugungskraft und der Emotionen.
Freilich muss der Gebietscharakter erhalten bleiben, und wer ein Bauvorhaben eines anderen, der eine Ausnahme oder Befreiung erhalten hat, torpedieren will, wird genau das geltend machen: Dass der Gebietscharakter gestört wird.
Wer umgekehrt Ausnahmen oder Befreiungen erhalten will, muss sich auf einen besonderen Tatbestand berufen können: Gemeinwohlerforderlichkeit, zumindest städtebauliche Vertretbarkeit, eine individuelle Härte, und im Gegenzug die Einhaltung der Grundzüge der Planung, die Vereinbarkeit mit öffentlichen Belangen und schließlich die Würdigung nachbarlicher Interessen.
Alles dies wird vom Ermessen geleitet, und hier bewährt sich wieder die hohe Kunst der Argumentation. Der Wohnfriede ist nämlich nicht mit Waagen oder Eimern messbar, sondern nur mit einer klugen und überzeugenden Darstellung der jeweiligen Interessen.
Liegt kein Bebauungsplan vor, so kann bei einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil dennoch eine Baugenehmigung erteilt werden, wenn die dafür geltenden Voraussetzungen erfüllt sind. Im Wesentlichen muss ein Bauvorhaben sich einfügen, und dies ist eine Frage des Einzelfalls und mehr oder weniger geschickter anwaltlicher Präsentation. Ferner gilt das Gebot der Rücksichtnahme, ebenfalls ein eher schwammiger Begriff, der mit argumentativem Geschick und ggf. geschickten Änderungen am eigenen Vorhaben eingehalten werden kann.
Bauen im Außenbereich ist ein eigenes weites Feld. Hier sind bestimmte privilegierte Vorhaben machbar, die anderswo nicht möglich wären (z.B. Landwirtschaft, Forstbetrieb, Gartenbaubetrieb, Windenergieanlage, Solarpark, Deponie), aber möglicherweise auch sonstige Vorhaben, wenn besondere Voraussetzungen vorliegen.
Bei sonstigen Vorhaben ist das Zersiedelungsverbot zu beachten, d.h. der Gesetzgeber wünscht sich Städte und Gemeinden und dazwischen freie Flächen, aber nicht Splittersiedlungen, vor allem, wenn diese eine negative Vorbildwirkung haben könnten, z.B. sogenannte Wohnsilos in einer kleinen Trabantenstadt.
Im Außenbereich spielt der Bestandsschutz eine besonders große Rolle, vor allem bei Ersatzbauten oder bei der Nutzungsänderung. Wer als Landwirt seinen abgebrannten Hof neu errichten oder auf Energieerzeugung und Fremdenverkehr umsteigen will, muss sehr professionell beraten sein. Gleiches gilt bei erheblichen Erweiterungen gewerblicher Betriebe, die wirtschaftlich unbedingt erforderlich sein können, ohne dass das schon automatisch heißt, dass sie auch baurechtlich zulässig sind.
Eine Gemeinde kann übrigens auch eine Außenbereichssatzung erlassen, die regelt, was im Außenbereich wo gelten soll.
Soweit zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit von Vorhaben, für die jemand eine Baugenehmigung erhalten will. Zu beachten sind bei jedem Bauvorhaben aber auch Bauordnung und Nachbarschutz.